Lanzarote: Familienurlaub zwischen Feuer und Wasser

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Auf Lanzarote wachsen Kakteen in den Himmel, und der Sand ist so fein, dass er durch Eieruhren rieseln könnte: Die Insel ist so naturgewaltig wie abwechslungsreich – und dazu noch wie geschaffen für einen Familienurlaub.

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Acht Uhr morgens, Frühnebel liegt über dem tiefschwarzen Land, steigt langsam hinauf in den noch milchigen Himmel und gibt Stück für Stück den Blick frei auf das, was da vor uns liegt. Wir saugen die kühle Morgenluft tief in uns ein und halten sie an. Und dann, ein paar Augenblicke später, zischt mein Ältester laut und voller Ehrfurcht: “So etwas habe ich überhaupt noch nie, nie gesehen!” „Ich auch nicht!“, flüstere ich und lasse meine Blicke über das angeblich größte Lavafeld der Erde wandern, über kohlrabenschwarze Geröllbrocken, die hier und da von blassgrünen Flechten überzogen sind. 

Schroff und unwirtlich: das angeblich größte Lavafeld der Erde ©M.Amme

Naturgewaltig: die Vulkaninsel Lanzarote

Lanzarote. Natürlich haben wir gewusst, was das für eine Insel ist, die wir da anfliegen, wir haben gewusst, dass sie uns Sonne verspricht, wenn der Sommer zu Hause noch fern ist und dass sie gewaltig ist, naturgewaltig. Aber so? „Sechs Jahre hat es auf der Insel gespuckt und gebrodelt“, höre ich mich sagen, „sechs Jahre haben die Vulkane Feuer und Asche gespuckt und alles hier unter schwarzer Lava begraben.“ Ich erzähle den Kindern, dass jene Ausbrüche bereits vor 270 Jahren waren und seitdem kaum etwas gewachsen ist auf dem schroffen Gestein. Und dass es unter unseren Füßen, „also, weit unter unseren Füßen noch immer gewaltig heiß ist und brodelt.“

Fast wüstenartig: der Nationalpark Parque Nacional de Timanfaya ©M.Amme

Das ist Naturwissenschaft zum Anfassen, sagt mein Mann, und hat wohl recht. Bei der anschließenden Erkundungsfahrt mit dem Bus, die uns quer durch den Nationalpark Timanfaya führt, erfahren wir, wie der Pfarrer von Yaiza den Ausbruch am 1. September 1730 erlebt hat, wie sich „plötzlich die Erde bei Timanfaya öffnete…“ Meine Kinder lauschen den Erzählungen, drücken sich die Nasen an den Busfenstern platt, während halbrunde Vulkankegel an uns vorüberziehen. Und fragen immer wieder nach, ob wir eigentlich ganz genau wüssten, dass die Vulkane nicht wieder ausbrechen, zumindest nicht heute, morgen, übermorgen.


Empfehlenswert: Hähnchen vom Vulkangrill

„Ich habe noch nie so leckeres Hähnchen gegessen“, behauptet mein Ältester am nächsten Tag am Strand, und meint damit das gestrige Mittagessen im Restaurant El Diablo im Herzen des Nationalparks Timanfaya: Hähnchenflügel, auf dem Vulkangrill geröstet, einfach über einem Loch im Boden. „Ich wußte gar nicht, dass in der Erde Feuer ist“, wirft meine Tochter jetzt ehrfürchtig ein. „Ich auch nicht!“, pflichtet ihr Bruder bei, dreht sich um und flitzt davon. Durch den Puderzuckersand hinein in die Atlantikwellen, die heute groß und gewaltig an Land stürmen. 

Wunderschön und feinsandig: der Playa Mujeres, der zu den Papagayo Stränden zählt ©M.Amme

Auch das ist Lanzarote. Strände, vereinzelt auch schwarz, aber hier, rund um den Badeort Playa Blanca, sind sie golden und feinsandig. Sechs Strände der Spitzenklasse zählen zu den Papagayo-Stränden, die sich hier zwischen schroffen Felsen verstecken. Der Playa de Papagayo, an dem wir gerade sitzen, gilt als einer der schönsten. Halbrund geschwungen und wunderbar gegen Wind geschützt. Mit Sand, aus dem sich stundenlang Sandkuchen formen lässt, bis sich der Himmel irgendwann glutrot verfärbt hat und die Abendkühle uns ins Hotel vertreibt.

Strände wie aus einem Urlaubsprospekt: hier der Playa de Papagayo ©M.Amme

Was kann man sonst noch unternehmen auf Lanzarote? Man kann sich César Manrique vornehmen. Nein, halt: „Man muss sich César Manrique vornehmen! Weil Manrique Lanzarote ist und umgekehrt“, wie uns der freundliche Herr an der Hotelrezeption mit einer Stimme erklärt, die weder Einwände noch Zweifel duldet. Und weil wir im Laufe unseres Aufenthalts noch verschiedene Male auf die Spuren des bekanntesten Inselsohnes treffen werden.

Highlights für Eltern und Kinder: Kakteen und Karamelpudding

Zum Beispiel im Jardín de Cactus im Inselnorden. Irgendwo steht geschrieben, über 1.400 Sorten würden hier im Kaktusgarten wachsen, Kakteen und Wolfsmilchgewächse, haushohe  ebenso wie winzigkleine, welche mit gewaltigen Stacheln und andere mit feinen Härchen. Meine Tochter macht ein paar schnelle Schritte zwischen den Stachelgewächsen, stößt ein langgezogenes „ooooh“ aus und hält inne. „Die sind ja furchtbar!“ flüstert sie, und will eigentlich gleich wieder gehen. Erst recht, als der große Bruder erzählt, dass auf dem Schwiegermuttersitz früher Folterungen stattgefunden haben. „Da mussten sich irgendwelche Räuber und Verbrecher draufsetzen!“

Rund 10.000 Kakteen wachsen hier im Jardin de Cactus ©M.Amme
Der Test bestätigt: Die Kakteen sind ganz schön stachelig ©M.Amme

Eigentlich ist die Zeit danach reif für eines der sanften, wohltuenden Gesichter der Insel, für einen watteweichen Strand etwa oder für ein gemütliches kleines Dorf, für ein Eis oder für flan, Karamelpudding à la Lanzarote. Stattdessen treffen wir gegenüber des Kaktusgartens auf einen Bauern mit wettergegerbtem Gesicht, der gerade seine Feigenkakteen unter die Lupe nimmt. „Was macht der Mann da?“, will mein Jüngster wissen. Wir zucken mit den Schultern. Und fragen nichtsahnend nach.

Strände ohne Ende im Inselsüden

„Ich ernte die Cochenille-Läuse“, erklärt der Bauer, der sich als José-Luis vorstellt, „dann werfe ich sie in kochendes Wasser, trockne sie in der Sonne und mahle sie anschließend.“ Mein Nachwuchs rückt näher an mich heran, schaut ungläubig, fragt: „Warum tun Sie das?“ „Na, aus dem Läuseblut wird der kaminrote Farbstoff hergestellt – für Campari zum Beispiel und für rote Lippenstifte!“, erklärt José-Luis und sammelt weiter Läuse ab, als wäre nichts, aber auch gar nichts dabei. Wir nicken ausdruckslos, erfahren noch, dass viele, viele Millionen Schildläuse die Opuntien, die Feigenkakteen, bevölkern und ihr Blut für ein bisschen roten Saft lassen. Dann verabschieden wir uns freundlich und flüchten schnell. An den Playa de Mujeres, der von hohen, rot-schimmernden Felsen eingerahmt ist und dessen Sand mühelos durch Eieruhren rieseln würde. Lassen uns nieder und genießen die wärmenden Sonnenstrahlen.

Watteweich und menschenleer: die Strände von Lanzarote, hier der Playa Mujeres (Papagayo Strände) ©M.Amme

Zwei Tage später. Wir haben inzwischen ein halbes Dutzend weiterer Strände im Inselsüden abgeklappert und eine kleine, heimliche Rangliste erstellt (1. Platz: Playa del Pozo, 2. Platz: Playa de Papagayo, 3. Platz: Playa Flamingo), haben eine Wanderung in die Marina Rubicon nahe Playa Blanca unternommen, schicke Yachten bewundert. Haben täglich Gofio mit roter und grüner Mojo-Sauce verspeist, kleine, ballaststoffreiche Getreidekugeln, die die Canarios schon seit Jahrhunderten lieben. Und immer wieder zum Dessert: eine Mandelspeise, bienmesabe, zu deutsch: schmeckt mir gut.

Weiße Yachten und Häuser vor dunkler Kulisse: die Marina Rubicón ©M.Amme

Beeindruckend: César Manriques Haus

„Nur César Manriques Haus haben wir noch nicht gesehen“, sage ich am letzten Morgen am Frühstückstisch und erwarte Protestgeschrei, Einwände wie „wir wollen aber lieber an den Strand“. Stattdessen blicken mir die Kinder gespannt entgegen, wollen wissen, wo und wie der Maler, Bildhauer, Insel- und Umweltschützer gelebt hat. Ich erzähle ihnen die kleine Geschichte, wie Manrique vor rund 40 Jahren die Spitze eines Feigenbaums entdeckte, die aus einem Lavafeld herausragte. Wie sich beim näheren Betrachten ein Hohlraum, eine Lavablase zeigte. Und wie er dann inmitten der Lavawüste sein Anwesen erschuf, Taro de Tahiche, das inzwischen ein Museum ist.

Wunderschön: das Wohnhaus von César Manrique, Fundación César Manrique, Taro de Tahiche,  ©M.Amme

Taro de Tahiche empfängt uns mit haushohen, kunterbunten Windspielen, mit einer farbenfrohen Mosaikmauer, mit einem zauberhaften, blühenden vulkanischen Garten. In Manriques ehemaligem Wohnzimmer hängen seine Werke, in einer im Boden ausgesparten Öffnung entdecken wir den legendären Feigenbaum. Wir bewundern das Schlafzimmer, den Pool, die Basalttreppe und das Badezimmer, das in eine Nische aus Lavagestein gebettet ist. Und können uns allesamt vorstellen, dass hier zu wohnen wunderbar sein musste.

Überall dominieren die Farben schwarz und weiß, auch hier, an der Promenade von Playa Blanca ©M.Amme

Lanzarote: watteweiche Strände und explosive Naturgewalten

Natürlich gehören die letzten Stunden unserem Lieblingsstrand, dem Playa del Pozo. Wir baden noch einmal, bauen Vulkane aus Sand, lassen sie Feuer spucken. Und werden morgen zurückfliegen – mit Sonne vollgetankt und jeder Menge Erinnerungen im Gepäck: an einen großen Künstler, an watteweiche Strände und an höchst explosive Naturgewalten. 

Für Eltern und Kinder ein Traum: Lanzarotes Strände, zum Beispiel der Playa del Pozo (Papagayo Strände) ©M.Amme

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