Mit einem Mal wird es still. Und wenn sogar unsere Kinder für einen Moment vergessen, dass sie sich gerade noch lautstark um irgendetwas kabbeln wollten, dann muss der Grund ein besonderer sein. Genau so ist es auch: Die Landschaft öffnet sich und auf der Bergwiese vor uns tauchen unzählige Bisons auf. Es sind so viele, dass wir sie höchstens grob überschlagen können: 150? 200? Es ist ein urgewaltiges Bild.
Ich halte inne und lasse den Blick über die Bergwiesen schweifen. Wüsste ich es nicht besser, würde ich die prärieähnliche Landschaft eher in Kanada verorten. Doch wir sind hier weit entfernt von Kanada. Wir, meine Tochter (3), mein Sohn (7), mein Mann und ich, verbringen ein langes Wochenende in einer Stadt, deren Namen ich vorher noch nie gehört hatte: in Aschersleben! Das gehört zusammen mit der Stadt Arnstein, der Burg Falkenstein in der Stadt Falkenstein und dem Abenteuerspielplatz in der Stadt Seeland zur „Wir 4 gemeinsam“-Region.
Aschersleben am Rande des Harzes: klein und nicht überlaufen
Aschersleben liegt in Sachsen-Anhalt am Ostrand des Harzes. Rund drei Stunden sind wir von Hamburg aus mit dem Auto unterwegs gewesen – über die A7, vorbei an Soltau, Hannover und Braunschweig Richtung Harz. Kurz hinter Quedlinburg lag dann unser Ziel. Aber bevor Missverständnisse aufkommen: Die Bisonherde, von der ich eben sprach, haben wir nicht auf einem Feld in Aschersleben gesehen, sondern bei einer Safari im NORDMANN’S Wildpark Stangerode bei Aschersleben, in dem die größte Bisonherde Deutschlands beheimatet ist – mit rund 300 Tieren übrigens! Das ist nur einer von vielen kleinen Ausflügen, die wir an diesem Wochenende rund um Aschersleben machen werden.
Aber warum eigentlich genau Aschersleben? Anderswo gibt es größere Namen, bekanntere Bauwerke und wohl auch mehr von diesen Insta-typischen Muss-man-mal-gewesen-sein-Spots. Doch wir glauben: Die spannendsten Wege sind die abseits der ausgetretenen Pfade, die noch nicht von Touristinnen und Touristen überlaufen sind. Die schönsten Ausblicke eröffnen sich, wenn man sie nicht mit Tausenden teilen muss. Und alles, was ohne lange Warteschlangen möglich ist, ist für Familien mit kleinen Kindern unbezahlbar.
Aschersleben: Klettergeräte, Kunstobjekte und schöne Parks
Um einen ersten Eindruck zu bekommen, lassen wir uns von Stadtführerin Erika die Stadt zeigen. Der erste Eindruck: Es geht hier ziemlich entspannt zu, alles lässt sich bequem zu Fuß erkunden. Die Tour ist speziell für Kinder konzipiert, doch auch wir Erwachsenen nehmen viel mit. Immer wieder bleiben wir stehen und staunen über das, was wir sehen. Besonders die schönen Parks und Gärten gefallen uns auf Anhieb.
Diese wurden im Zuge der Landesgartenschau 2010 neu gestaltet. Überall gibt es tolle Spiel- und Klettergeräte und große Kunstwerke. In der Grünanlage „Herrenbreite“ entdecken wir zum Beispiel den sieben Meter hohen Mond, im Stadtpark einen ebenso großen Globus. Wie Erika erklärt, erinnern beide an einen Mann, auf den die Ascherslebener besonders stolz sind: den Universalgelehrten Adam Olearius. Er lebte im 17. Jahrhundert und ist unter anderem durch den Bau des damals einzigartigen Riesenglobus bekannt geworden.
Unser Rundgang führt uns auch entlang der gut erhaltenen alten Stadtmauer. An einer Stelle können wir sogar durch „Geheimgänge“, wie die Kinder sie nennen, auf einen Turm steigen und von dort den Blick über die Altstadt, die Neustadt und sogar den Harz schweifen lassen.
Wie geschaffen für Fahrradtouren: Aschersleben und Umgebung
Auch abseits des Stadtrundgangs erkunden wir die Stadt – meist mit dem Fahrrad. Dabei werden wir überall freundlich empfangen, und wir müssen uns nie durch Menschenmassen schieben. Anstehen? Warten? Drängeln? Gibt’s hier in dieser gemütlichen Kleinstadt nicht.
Klar ist: Wie viele andere Städte in der ehemaligen DDR zählte auch Aschersleben einst mehr Einwohnerinnen und Einwohner. Doch wir erfahren auch, dass hier viele Menschen mit viel Herz und Engagement ihre Stadt lebendig halten und zu Recht stolz sind auf das, was sie zu bieten hat. Da ist die junge Kaffeerösterei, die kürzlich samt Café an einer historischen Stelle eingezogen ist – quasi innerhalb der Stadtmauer – und für frischen Wind in die Gastroszene sorgt. Oder die Eisdiele am Marktplatz, die aus einer alten Apotheke köstliches Eis verkauft.
Schwimmbad, Planetarium, Kino & Co: Aschersleben bietet viele Highlights für Familien
Wir sind überrascht, was die Stadt für ihre Größe alles zu bieten hat: Ein Schwimmbad, ein Planetarium, ein Zoo, ein Kriminalmuseum, ein Kino. Während unseres Kurzurlaubs merken wir: Mehr braucht es für uns gar nicht. Besonders, weil all diese Orte mit viel Liebe betrieben werden. So zum Beispiel auch das Kriminalpanoptikum, das im ehemaligen Stadtgefängnis untergebracht ist und allerlei amüsante Gaunergeschichten erzählt. Es gibt dort vieles zu sehen, was sowohl Schurken als auch Polizisten offenbar seit jeher gut gebrauchen können: Werkzeuge, Ausrüstung, Uniformen. Nur bei den Folterwerkzeugen mache ich bewusst einen Bogen, weil ich sie für meine Kinder zu gruselig finde. Stattdessen schauen wir uns eine echte Gefängniszelle an, was mein Sohn richtig cool findet. Außerdem gibt es einen großen Fundus an historischen Polizeiuniformen, mit denen wir uns verkleiden können – was wir natürlich nicht entgehen lassen.
Wunderschön gelegen: der Zoo von Aschersleben
Auch der Zoo ist schnell erreichbar – sowohl mit dem Rad als auch mit dem Auto. Die Frage ist natürlich: Wenn man wie wir Hagenbecks Tierpark vor der Tür hat, kann einen dann anderswo noch etwas beeindrucken? Die Antwort ist: und ob! Der Ascherslebener Zoo ist nämlich besonders schön eingebettet in die hügelige Parklandschaft. Unbedingt zu empfehlen: eine Erlebnistour, wie sie Tierpflegerin Cindy mit uns macht. So nah sind wir den großen Tieren jedenfalls noch nie gekommen.
Ich zucke im ersten Moment zusammen, als Cindy uns zu den Trampeltieren führt. „So groß“, staunen die Kinder. Und Cindy lacht: „Die füttern wir jetzt!“, sagt sie. Während ich noch etwas zurückhaltend bin, greifen die Kinder gleich zu und lassen sich das Futter direkt aus der Hand schlabbern. Die Freude ist groß – bei den Kindern jedenfalls. Ich bleibe hier ausnahmsweise mal etwas ehrfürchtig hinter der Kamera und halte die strahlenden Kinderaugen fest.
Nach dem Zoo geht es für uns direkt ins Schwimmbad. Wieder sind wir nur wenige Minuten unterwegs – wie herrlich unkompliziert! Das Schwimmbad von Aschersleben befindet sich im sogenannten Ballhaus, einer größeren Anlage mit Kletterhalle, Beachvolleyballfeld und Sportsbar. Da wir eine schwimmbegeisterte Familie sind, gehören Schwimmbäder bei uns auf jeder Reise dazu. Unsere wichtigste Bewertungs-Kategorie: Für uns ist ein Schwimmbad dann gut, wenn man schwimmen kann – und genau das ist hier der Fall. In der lichtdurchfluteten Halle gibt es eine Schwimmerbahn, auf der wir abwechselnd Bahnen ziehen, und im restlichen Becken stehen den Kindern viele Spielgeräte zur Verfügung, bei denen sie sich nach Herzenslust austoben können.
Fazit: Aschersleben ist ein top Reiseziel für Familien
Am zweiten Tag unserer Aschersleben-Tour erkunden wir die Umgebung. Wir fahren mit einer süßen Bimmelbahn zur Burg Falkenstein aus dem Hochmittelalter, die mich sofort an die Wartburg in Eisenach erinnert. Das Erlebnis ist genauso spannend wie bei einer bekannten Burg – nur, dass hier keine Menschenmassen unterwegs sind. Bei Sonnenschein und Eis genießen wir den Blick über das Selketal, eine verwunschene Waldlandschaft, in der wir noch viele weitere historische Bauten entdecken könnten.
Aber die Kinder wollen jetzt toben, und so machen wir noch einen Abstecher zum Abenteuerland Harzer Seeland, dem größten Outdoor-Spielplatz in Sachsen-Anhalt, so wird es – anders als geplant – ein längerer Aufenthalt. Insbesondere die XXL-Tellerschaukel hat es unserem Großen angetan. Und nicht nur ihm. Auch andere Kinder steuern die Berge aus Autoreifen an, zwischen denen man sich schwingen lassen kann. Und so kommt es hier das einzige Mal in diesem Urlaub dazu, dass mal jemand einen Moment lang warten muss.
Wir Erwachsenen genießen die Ruhe und Luft in dieser schönen Parklandschaft und lassen unsere Gedanken zurückschweifen. Nach einem Wochenende in Aschersleben fahren wir mit einer richtig schönen Erkenntnis im Gepäck zurück: Wer bewusst die kleinen Städte ansteuert, der wird mit ganz besonderen Erlebnissen und Einblicken belohnt. Und mit dem Gefühl, etwas wirklich Neues entdeckt zu haben.
Alle Infos für den Familientrip nach Aschersleben
Wer ein entspanntes und preisgünstiges Reiseziel für die Familie sucht das sowohl städtisch-kulturelle wie auch naturnahe und aktive Bedürfnisse abdeckt, ist in Achersleben genau richtig. Eine erste Auswahl an Unterkünften (oder einen Stellplatz für einen Camper) findest du hier, alle Infos zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten gibt es hier und den prall gefüllten Veranstaltungskalender kannst es hier erkunden.
Eine gute Adresse, um in Aschersleben zu übernachten: das City Hotel Aschersleben. Es bietet Familienzimmer und Apartments und liegt nur wenige Gehminuten von der Altstadt entfernt.
Alle weiteren Infos zu dem Reiseziel gibt es auf der Internetseite von Ascherlseben.
