Gemeinsam in die Wildnis: Bushcrafting für Familien

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Raus in die „Wildnis“ und in und mit der Natur aktiv sein – das liegt voll im Trend und nennt sich „Bushcraft“. Wie ihr als Familie zu Hause oder im Urlaub zu Bushcraftern werdet und was sich hinter diesem Waldhandwerk versteckt, verrät uns Buchautor Martin Gebhardt.

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Habt ihr als Familie schon einmal unter freiem Himmel gekocht? Eigenes Werkzeug geschnitzt? Oder euch mitten im Wald einen Unterschlupf gebaut? Nein? Dann habt ihr vielleicht auch noch nie etwas von Bushcraft gehört. Übersetzt heißt das so viel wie Waldhandwerk. Kurz gesagt: Es geht darum, raus in die Natur zu gehen und mithilfe von Naturmaterialien zu werkeln, zu bauen und zu basteln.

Ein Outdoor-Abenteuer für die ganze Familie

Autor und Bushcrafting-Fachmann Martin Gebhardt ©Martin Gebhardt

Einer, der sich mit diesem Thema bestens auskennt, ist Martin Gebhardt. Der Buchautor und Blogger arbeitet als Bushcraft-Survical-Scout und macht gerade eine Ausbildung zum Wildnispädagogen. Kürzlich ist sein neuestes Buch Bushcraft for Family – Gemeinsam in die Wildnis* erschienen. Martin verrät uns, was es mit Bushcrafting auf sich hat und warum dieses Outdoor-Abenteuer vor allem Kindern so viel Spaß bringt.

Lumao: Hallo Martin, Ausflüge in die Natur stehen bei vielen Familien hoch im Kurs. Ist man damit automatisch schon ein „Bushcrafter“ oder was macht Bushcrafting für dich aus?

Martin: Die Natur zu mögen ist Grundvoraussetzung beim Bushcrafting. Das Waldhandwerk geht aber noch einen Schritt weiter, denn es geht ans „Werkeln“ – in und mit der Natur. Schauen wir mal zurück auf unsere Vorfahren: Sie beherrschten zahlreiche Handwerksfähigkeiten, um allerlei Dinge aus der Natur herzustellen. Sie bauten Hütten aus Holz und Seile aus Pflanzenfasern. Das machen Bushcrafter auch – es ist eine Wiederentdeckung der Handwerkskunst im Busch, also im Wald.

Für alle Kinder ein echtes Abenteuer: im Wald werkeln ©Martin Gebhardt

Lumao: Back to the roots also? Die Natur und alte Handwerkstraditionen wieder wertschätzen?

Martin: Ganz genau. Wir Bushcrafter arbeiten besonders viel mit Holz und bauen daraus allerlei Dinge: einen Unterschlupf, einen Tisch, einen Hocker. Oder wir schnitzen einen Holzlöffel. Aber wir stellen auch Seile oder Körbe her.


Bushcrafter machen es sich in der Natur gemütlich

Lumao: Raus in den Wald gehen und sich dort mit Naturmaterialien behelfen. So ein bisschen erinnert das an ein Survival-Training in der Wildnis, oder?

Martin: Nicht ganz, denn beim Survival-Training simuliere ich eine Notsituation. Das heißt, ich will im Grunde die Wildnis überstehen und wieder zurück in die Zivilisation. Auch dafür brauche ich grundlegende Kenntnisse und handwerkliche Fähigkeiten, um einen Unterschlupf zu bauen, Feuer zu machen, Wasser zu finden etc. Ein Bushcrafter möchte aber gar nicht raus aus der Wildnis, sondern am liebsten ganz tief hinein und nah und von der Natur leben. Der Bushcrafter hat einen festen Platz in der Natur und macht es sich dort gemütlich.

Möglicherweise nicht supergemütlich, dafür aber selbst gebaut ©Martin Gebhardt

Lumao: Dein Buch heißt Bushcraft for Family*. Bushcrafting ist also auch mit Kindern möglich?

Martin: Auf jeden Fall! Ich habe meine Leidenschaft zur Natur wiederentdeckt, als mein erster Sohn vor sechs Jahren auf die Welt kam. Schon beim Spaziergang mit dem Kinderwagen durch den Wald spürte ich diese wohltuende Ruhe – nicht nur für mich, sondern auch für meine Kinder.

Für ein selbstgebautes Tipi müssen die Kids viele, viele Äste sammeln ©Martin Gebhardt

Als die Kleinen dann größer wurden, habe ich mich gefragt, wie wir als Familie Spaß im Wald haben können. Da kam das Bushcrafting ins Spiel: Wir bauten Camps, Tipis, Unterschlüpfe, Tische und Bänke. Wir schnitzten, beobachteten Tiere und horchten nach Vögeln. Meine Kinder waren begeistert, und nebenbei lernten sie sogar noch eine Menge.

Lumao: Wie alt sollten die Kids zum Bushcrafting denn ungefähr sein?

Martin: Das Werkeln im Wald kann ruhig zwischen 3 und 4 Jahren losgehen. Ab diesem Zeitpunkt können die Kinder sogar schon den Umgang mit einem abgerundeten Kinder-Schnitzmesser erlernen. Es müssen aber auch nicht immer handwerkliche Tätigkeiten sein. Eure Kinder haben Lust, sich einen Ameisenhaufen anzuschauen und ein paar kleine Experimente zu machen? Wunderbar – auch das ist ein fantastisches Erlebnis. Kinder sind sehr spontan, und deshalb ist oft der Weg das Ziel. Für mich ist am wichtigsten, dass die Kinder Spaß haben, alle auf ihre Kosten kommen und wir als Familie gemeinsam etwas Tolles erleben.

Was lässt sich aus diesem Ast fertigen? Ein Messer zum Beispiel ©Martin Gebhardt

Ein Schwerpunkt beim Bushcrafting: das Werkeln

Lumao: Wie können wir uns das vorstellen? Wie sieht so ein familientaugliches Bushcraft-Abenteuer aus?

Martin: Ich baue mit meiner Familie zum Beispiel gerne ein Camp, also einen Lagerplatz. Dafür sind verschiedene Aufgaben zu erledigen: Jemand muss Äste suchen, ein anderer Moos, Steine usw. Dann lass ich die Kinder alles nach ihren Wünschen zusammenlegen. Zwischendurch fertigen wir zusammen einfache Holzwerkzeuge an, zum Beispiel Sägen, Messer oder Grabstöcke.

Das braucht man immer: Grabstöcke, Sägen usw. ©Martin Gebhardt

Die helfen uns bei der Arbeit, aber vor allem sind die Kinder einfach stolz, ihre eigenen Werkzeuge zu besitzen. Nach getaner Arbeit essen wir. Entweder wir kochen oder wir haben ein Picknick dabei. Natürlich spielen wir auch im Wald. Befinden wir uns an einem See oder Fluss, eröffnen sich dort wieder ganz andere Möglichkeiten, wie ein Floß, einen Staudamm oder eine Brücke aus Ästen bauen.

Lumao: Braucht man eine spezielle Ausrüstung zum Bushcrafting mit Kindern?

Martin: Ein Messer, eine Säge, Proviant und eine Decke sind hilfreich. Für die meisten Ideen reicht aber schon ein Taschenmesser. Wer gerne draußen kocht, darf sein Kochgeschirr und seinen Kocher nicht vergessen. Wir bereiten zum Beispiel gerne Pfannkuchen zu. Und je nach Jahreszeit solltet ihr euch wetterfest anziehen. Mir ist es außerdem wichtig, eine Taschenlampe dabeizuhaben – im Wald kann es schnell dunkel werden.

Lumao: In deinem Buch erklärst du, wie man ein Camp einrichtet und einen Unterschlupf baut. Kann Bushcrafting also auch eine richtige Auszeit in der Natur sein, zum Beispiel in Form eines Kurzurlaubs?

Martin: Nicht nur ein Kurzurlaub! So ein Camp kann stehen bleiben, sofern sich darin keine Tiere verfangen, dann kann man es immer wieder aufsuchen. Ich habe zum Beispiel selbst ein Camp bei mir um die Ecke und ich gehe jede Woche mehrmals hin. Es ist inzwischen ein kleiner „Zweitwohnsitz“. Grundsätzlich kann man aber überall Bushcraften, ein Camp bauen und in der Natur tolle Sachen erleben und fertigen – auch im Urlaub.

Praktisch und auch noch schön: Becher aus Rinde ©Martin Gebhardt

Lumao: Du bist selber Vater von zwei Kindern. Wie motiviert man seine Kids zum Bushcrafting?

Martin: Es ist essenziell, dass du als Elternteil ein Vorbild bist. Empfindest du keinen Spaß und entwickelt sich bei dir keine Entdeckerfreude und keine Leidenschaft an den Dingen, werden deine Kinder auch keinen Spaß daran haben. Kinder lassen sich wunderbar begeistern und sind von Natur aus neugierig. Überlegt euch, was ihr schon immer mal bauen wolltet. Holz gibt es genug im Wald, das könnt ihr für eure Projekte nutzen. Fangt an zu schnitzen – und wenn es erst mal „nur“ ein Pfannenwender ist. Ehe ihr euch verseht, sitzt ihr am selbst gebauten Tisch und es gibt Pfannkuchen.

Ein 1A-Tisch – stabil und selbstgebaut ©Martin Gebhardt
©Verlag Friedrich Oetinger GmbH

Bushcraft for Family – Gemeinsam in die Wildnis* kostet 14,00 Euro.
Martin Gebhardt
Migo Verlag
ab 6 Jahre
104 Seiten, Taschenbuch

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