Familienurlaub auf dem Bungalowboot

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Sie sehen aus wie kleine hölzerne Ferienhäuser und sind doch Schiffe. Mit Bungalowbooten könnt ihr führerscheinfrei verschiedene Seen erkunden. Wir haben es für euch ausprobiert – auf den Brandenburger Seen und der Havel.

“Damit sollen wir fahren?” Der Blick meiner Tochter ist unmissverständlich, sie legt die Stirn in Falten und schüttelt den Kopf. “Das ist doch kein Schiff!”, empört sie sich. Ihre Augen wandern von dem schwimmenden Häuschen zu jenem Herrn, der uns eine kurze Einführung geben wird. Er lächelt verschmitzt und lässt seinen Blick über das Schilf und den Plauer See wandern, als läge das große weite Meer vor ihm. “Ich würde sagen: Es ist halb Schiff, halb Haus. Um genau zu sein: Es ist ein Bungalowboot.” Und dann schließt er noch an, dass man sehr wohl damit fahren könne.

Mehr Haus als Schiff, zumindest wenn das Bungalowboot zwischen Motorbooten liegt

Zuvor allerdings muss man ein paar Seiten Theorie studieren und eine kleine praktische Einführung in die Technik an Bord und die wichtigsten Regeln der Binnenschifffahrt bekommen haben.

Binnenschifffahrtszeichen: Das Wichtigste auf einen Blick

Grüne Tonnen lässt man links liegen, rote rechts. Wer von rechts kommt, hat Vorfahrt. Schwimmende Häuser müssen Segelyachten, Ruderbooten und Kanus ausweichen. „Und fahren Sie nicht ins Schilf“, sagt der Fachmann für schwimmende Häuser noch. Dann deutet er noch auf ein kleines Plakat, auf dem das Wichtigste verzeichne ist – und wir sind gewappnet.

Inzwischen gibt es die schwimmenden Blockhäuser auf vielen Seen

Bungalowboote wie jenes, was nun vor uns liegt, gibt es inzwischen viele. Die verschiedenen Hersteller haben ihnen unterschiedliche Namen gegeben – mal heißen sie BunBo, mal Febomobil, mal Hausboot. Die, die hier vor uns an einem Steg in Plaue an der Havel liegen, sind BunBo’s: kleine Blockhäuser, blau, gelb, rot oder lindgrün gestrichen und mit zwei Rümpfen drunter. Man denkt an Schweden bei ihrem Anblick, an Gartenlauben, die Schiffe sein sollen. Und ganz automatisch möchte ich mich der Frage meiner Tochter anschließen: Ja, kann man mit denen wirklich in See stechen?

Führerscheinfrei und auch für Kinder geeignet: die schwach motorisierten Bungalowboote

Man kann, das sehen wir kurze Zeit später. Die Maisonne schickt grelle Strahlen über den Plauer See, als wir die Leinen lösen und in See stechen mit diesem eigentümlichen Gefährt. Der Schalthebel vibriert leise, Wasser gurgelt. Ein entgegenkommender Freizeitkapitän lächelt milde über unsere Kreuzung aus Motorboot und Ferienhaus. Wo ist der Kompass? Darf man durch ein Naturschutzgebiet fahren? Ist es hier überhaupt tief genug? Fragen über Fragen …


28 Quadratmeter Platz zum Leben, Schlafen und Kochen

Die Bungalowboote, so stellt sich schnell heraus, sind wirklich einfach zu handhaben. Gelotet wird mithilfe eines Bindfadens mit Gewicht dran. Kompass? Fehlanzeige. Dafür gibt es Gewässerkarten. Und sogenannte Ankerpfähle, mit deren Hilfe man sich in flache Buchten legen kann.

Klein und gemütlich: so eine schimmende Blockhütte von innen

Im Inneren sind auf rund 28 Quadratmeter Schlafzimmer und Schlafsofa, eine Kochnische, die Essecke, eine Dusche und eine Toilette untergebracht. Und davor: eine schöne, große Terrasse, von der aus man allzeit Seeblick genießen kann. Beim Steuern, beim Essen, beim Fahren, beim abendlichen Wein. Ich denke still: eigentlich eine wirklich tolle Idee, so ein schwimmendes Blockhaus, oder? So dauert es auch nicht lange, bis sich Entspannung breit macht an Bord unseres schwimmenden Ferienhauses. Der erste lässt die Füße von Bord baumeln, mein Sohn füttert die Schwäne, die neben uns her schwimmen.

Möchte man eine neue Kulisse, fährt man mit seinem schwimmenden Häuschen einfach zum nächsten Ankerplatz

Wir fahren die Insel Kiehnwerder ab, hören das Schilf rascheln und die Wasserhühner schimpfen. Sehen Fischreiher nach Beute abtauchen, hier und da mal ein kleines Motorboot. Und ganz im Süden dieses kleinen, von Dauercampern besiedelten Eilands eine Landspitze, die wie geschaffen ist für die nächste Nacht. Hier parken wir unser Hausschiff. Darf man das? Mein Mann schaut mich fragend an. Ich zucke die Schulter. Die Wasserschutzpolizei patrouilliert in unserem Rücken, sie stoppt nicht, also scheinen wir hier ankern zu dürfen

Schön im Schilf: Lauschige Plätze gibt es hier in Hülle und Fülle

Nicht Schiff, nicht Haus: das BungalowBoot

In der dritten Nacht klopft der Wind an die hölzernen Wände und fegt ums Flachdach. Die zwei Ankerpfähle, dick wie Masten, ächzen und knacken, manchmal schreien sie metallisch, ich denke an den Film Titanic, während ich mir die Decke bis zu den Ohren ziehe. Muss ein Hausschiff wie dieses eigentlich Tests durchlaufen, bevor es zu Wasser gelassen und verchartert wird?, frage ich mich. Bei wie vielen Windstärken hebt es wohl ab?

Abendessen mit Ausblick: Schöner kann man eigentlich kaum speisen

In den nächsten Tagen zeigt sich Brandenburg von seiner sommerblauen Seite. Wir erobern das Revier: den Plauer und den Breitling See, den Möserschen und den Wendsee, die Havel zwischen Plaue und Bahnitz und den Pritzerber See. Wir ankern einsam in versteckten Buchten, machen Lagerfeuer, baden und angeln. Essen draußen und mit wundervollen Ausblicken. Und unternehmen Ausflüge – manchmal zu Fuß, manchmal mit dem Kanu und manchmal mit dem Fahrrad.

Nach Tagen in der Natur eine Stadt: Brandenburg an der Havel

Für Kinder ein echter Abenteuerurlaub: Ferien auf einem Bungalowboot

Über die Niederhavel schippern wir ein paar Tage später gen Brandenburg an der Havel, in den 70.000-Seelen-Ort mit seiner 1000-jährigen Geschichte. Machen nahe der Altstadt fest. Schlendern an den altertümlichen Fassaden vorbei und genießen kurz festen Boden unter den Füßen. Bevor wir Richtung Beetzsee ablegen, der sich wie eine Schlange durch brandenburgisches Niemandsland schlängelt.

So einsam es hier ist, Kinder finden nahezu überall Spielgefährten

Und täglich grüßen Biber & Co

Nur selten liegt in den kommenden Tagen ein weiteres Schiffchen im grünen Dickicht. Meist zwitschert und tschilpt es nur rundherum, meist kommen nur Biber, Wasserhuhn und Fischreiher zu Besuch, wenn wir vor Anker liegen. Und Mücken, ja, die kommen auch.

“Papa, lass mich mal wieder ans Steuer”, sagt mein Sohn auf unserem letzten Seeschlag und übernimmt wie so oft in der zurückliegenden Woche das Kommando. Er steuert ein bisschen nach rechts, ein bisschen nach links, umkurvt eine Entenfamilie. Und ich denke leise: Eigentlich toll, diese schwimmenden Häuschen. Supergemütlich, supersicher, supereinfach.

Und nun? Manchmal führt der Weg zurück an Bord nur über Kanu & Co

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