„Mami, können wir direkt an den Strand fahren?“, bettelt Kjell. „Bitte!“ Wir sausen im Mietwagen Richtung Inselsüden, warme Luft strömt durch die Fenster ins Wageninnere. Und hin und wieder sehen wir in der Ferne den Atlantik in der Sonne glitzern. „Natürlich“, sage ich gedankenverloren. Und weil ich schon mal hier war, weiß ich auch, welchen Strand wir uns zuerst vornehmen: „Wir fahren an den Playa de Butihondo ganz im Inselsüden.“

Atlashörnchen: Seit den 60er Jahren auf der Kanareninsel Fuerteventura
So parken wir keine zwei Stunden nach unserer Landung auf Fuerteventura auf einem kleinen staubigen Parkplatz. Steigen aus und locken gleich eine Horde hungriger Atlashörnchen an. „Wir haben doch noch Nüsse!“, ruft Kjell ganz aufgeregt. Nach ein paar Minuten fressen sie ihm schon aus der Hand.

Ich sehe meinen strahlenden Sohn und lasse meine Blicke weiterwandern, hinüber zum Strand und über die Atlantikwellen, die unaufhörlich auf den Strand stürmen. Kurz darauf bohren wir unsere Zehen in den weichen Sand. Wir riechen den Duft des Meeres, spüren die warmen Sonnenstrahlen auf der Haut und ich weiß: „Wir sind angekommen!“

Drei Wochen werden mein Sohn Kjell (5 Jahre) und ich die Kanareninsel Fuerteventura entdecken. Die kilometerlangen watteweichen Sandstrände. Kleine zauberhafte Dörfer. Duftende grüne Oasen. Ich hatte Zweifel, eine längere Reise allein mit meinem Sohn zu machen. Ob das eine gute Idee ist? Doch als ich jetzt das Glänzen in seinen Augen sehe, sind meine Zweifel fast verflogen.
Fuerteventura: Kanareninsel mit Karibik-Flair
Fuerteventura. Die zweitgrößte Kanareninsel liegt gerade mal 100 Kilometer von Afrika entfernt und ist in erster Linie für ihre Strände bekannt. Rund 80 gibt es insgesamt auf dem 100 Kilometer langen Eiland. Einige sind fast endlos lang, andere liegen eingerahmt und geschützt zwischen zackigen Felsen. Viele von ihnen verströmen Karibik-Flair.

Wir nehmen uns in den ersten Tagen die Strände rund um unser Urlaubsdomizil vor: den Rico el Paso, eine wunderschöne Lagune und ein perfekter Ort zum Spielen im seichten Wasser und den Playa de Jandia. Von hier aus brauchen wir nur wenigen Minuten bis in den Ort – und damit bis in die kleinen Restaurants. Wir bauen Burgen und backen Sandkuchen, planschen in den Atlantikwellen und genießen die wärmenden Sonnenstrahlen. An die teils kräftigen Winde haben wir uns schnell gewöhnt, je nach Windrichtung finden wir immer ein geschütztes Plätzchen für uns.
Auf Fuerteventura gibt es jede Menge Must-see`s für Familien
Am ersten Sonntag steuern wir den örtlichen Bauern- und Kunsthandwerkermarkt im Oasis Wildlife Park in La Lajita an. Auf den Marktständen türmen sich Orangen, Erdbeeren, Äpfel, saftige Gurken, knack-frische Paprikas und es duftet herrlich nach frisch gebackenem Brot. Wir schlendern an Ständen mit Honig und hausgemachten Marmeladen vorbei, kosten den einheimischen Ziegenkäse. Und ich bewundere lange und ausgiebig die wunderschöne Auswahl an handgefertigtem Schmuck.

Doch natürlich gibt es im Oasis Wildlife Park noch weit mehr zu sehen als nur den Bauern- und Kunsthandwerkermarkt. „Mami, wann besuchen wir endlich die Tiere im Park?“, fragt mein Sohn, als wir den Klängen der Musikerinnen und Musiker lauschen, die hier jeden Sonntag am Rande des Markts stehen. Ich verspreche, Tickets zu besorgen und blicke in Kjells strahlenden Kinderaugen. „Dürfen wir dann wirklich Giraffen füttern?“
Fuerteventura-Highlight für Eltern und Kinder: der Oasis Wildlife Park
Der Oasis Wildlife Park ist Zoo und botanischer Garten zugleich. Auf 800.000 Quadratkilometern tummeln sich mehr als 3.000 Tiere. Schildkröten, Seelöwen und Spießböcke. Affen, Elefanten und Nilpferde. Wir wandern am riesigen Savannengebiet vorbei, in dem Zebras und Antilopen um die Wette über den trockenen Boden galoppieren. Bestaunen die Seelöwen und Papageien bei ihren Vorführungen und die nordafrikanischen Gazellen, die hier im Rahmen eines Arterhaltungsprogramms gezüchtet werden. Durchstreifen den größten Kakteengarten Europas und dichtgrüne, dschungelartige Parkareale. Natürlich füttern wir auch die Giraffen, denen man im Oasis Wildlife Park ganz nah kommen kann. Und während eine riesige Giraffendame mit langen Wimpern Kjell Äpfel und Möhren aus den Händen rupft, denke ich still: Heute Nacht werden wir bestimmt beide von ihr träumen!

Ein paar Tage später machen wir uns auf Richtung Norden. Statt die Küstenstraße zu nehmen, holpern wir auf einem etwas abenteuerlichen Weg durchs Landesinnere und lernen die Vielseitigkeit Fuerteventuras kennen. Wir kurven über Serpentinen, die von frischen grünen Oasen umgeben sind, landen in urigen kleinen Dörfern, lassen unsere Blicke über die Insel schweifen. Bis wir irgendwann in Corralejos an der Nordostküste Fuerteventuras stranden – in einem Restaurant direkt am Strand. Wir lassen uns den frisch aufgeschnittenen Serrano Schinken und die runzeligen Kanaren-Kartoffeln – die Papas Arrugadas – schmecken.

Geheimtipp auf Fuerteventura: der Popcorn Beach
Ein weiterer Punkt auf unserer Bucket List: der Popcornstrand. Als ich davon gelesen hatte, wusste ich: Da müssen wir hin! Der Popcorn Beach liegt nordwestlich von Corralejos – und tatsächlich sieht es hier aus, als wäre eine Popcornmaschine explodiert. Kjell sammelt ein paar Bröckchen, die exakt aussehen wie gepuffter Mais und streckt sie mir entgegen. Doch ein Test-Biss zeigt: Hier finden wir keinen Nachtisch. Es handelt sich um kalkhaltige, versteinerte Algen.

Wir könnten noch Wochen auf Fuerteventura bleiben. Könnten die 80 Strände abklappern und in kleinen Strandbars speisen. Könnten der Sonne immer wieder aufs Neue dabei zusehen, wie sie im Atlantik verschwindet. Doch so viel Zeit haben wir nicht. So nehmen wir uns noch den tiefschwarzen Strand in der im Inselwesten gelegenen Bucht von Ajuy vor. Wir wandern auf abenteuerlichen Wegen zu den Höhlen, die Felsen zur einen und das brausende Meer zur anderen Seite. Bestaunen die fast unwirkliche Kulisse. Machen Rast, strahlen, freuen uns. Und ich denke still: Natürlich war das eine gute Idee, mit Kjell nach Fuerteventura zu reisen. Eine großartige Idee sogar!
