Einfach magisch: Mutter und Tochter in Marrakesch

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Eine Mutter-Tochter-Reise nach Marrakesch – kann das gutgehen? Karen Amme hat es mit ihrer Tochter ausprobiert.

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Auf einen Blick!

Marrakesch ist Exotik pur! Fremde Gerüche und Geräusche, verschleierte Frauen – dieser Städtetrip ist wirklich ein Erlebnis! Zwischen Juni und September ist es in der marokkanischen Stadt sehr heiß, daher unser Tipp: Besucht Marrakesch lieber zwischen Oktober und Mai, auch in dieser Zeit sinken die Temperaturen am Tage in der Regel nicht unter die 20-Grad-Grenze.
Zielgruppe Natürlich kann man Marrakesch mit Kindern jeden Alters ansteuern, aber: Schöner ist dieser Städtetrip wahrscheinlich mit Kindern ab vier, fünf Jahre – und mit reisebegeisterten Teenagern.
Highlights Ganz klar: der Djemaa el Fna und dann noch die Souks. Das Handeln nicht vergessen!
Übernachten Es gibt viele kleine und größere Hotels in Marrakesch. Für Familien ist sicher ein Hotel mit Pool empfehlenswert, dann können sich alle zwischendurch vom trubeligen Leben erholen.

Eine Reportage von Karen Amme

Kurz bevor ich wahrscheinlich nichts mehr zu melden habe bei ihr, buche ich die Flüge. Hamburg – Marrakesch. Nora, 13, würde wahrscheinlich lieber ein anderes Ziel ansteuern, eine europäische Stadt, in der sie nach hippen Tops stöbern könnte, aber ich mache ihr einen Strich durch die Rechnung.

„Marrakesch? Wo liegt das denn noch mal?“, fragt sie. „In Marokko“, sage ich, „im Norden Afrikas. Aber Marokko ist eher die Lightversion von Afrika. Keine Elefanten, keine Löwen, keine Wasserbüffel.“ Kamele allerdings gäbe es dort bestimmt, ergänze ich später noch.

Da führt kein Weg dran vorbei: frisch gepresster Orangensaft auf dem Platz Djemaa el Fna ©M. Amme

Jetzt sind wir nach knappen drei Flugstunden gelandet. Die Sonne strahlt grell und heiß. Palmen wedeln mit langen, grünen Blättern in der heißen Luft. Das Flughafengebäude ist supermodern.

„Ich habe mir Marrakesch total anders vorgestellt. Viel exotischer! Es gibt ja sogar Croissants hier!“

„Sag ich doch, total light“, gebe ich Nora recht. Auch der Mietwagen ist ruckzuck abgeholt. Kurz darauf rollen wir durch Marokko, Mutter und Tochter, vor uns ein paar Tage in Marrakesch, in einer ganz anderen Welt.

Einfach magisch: Marrakesch am Abend, im Hintergrund die Kutubiya-Moschee ©M. Amme

“Warum um alles in der Welt Marrakesch?”

„Ist das heiß hier! Und staubtrocken! Ganz ehrlich, Mama: Ich kann unmöglich immer lange Klamotten anziehen!“

Die nächsten Minuten schweigt meine Tochter, aber ich ahne, was sie denkt. Warum um alles in der Welt Marrakesch? Warum nicht irgendeine coole Großstadt? Ich fahre weiter, gucke zwischendurch ratlos auf die Schilder, zeige ihr das Atlasgebirge, das sich in der Ferne hoch über das rote flache Land erhebt. Die Hitze flimmert. Ob ich richtig bin?

Ziel aller Menschen in Marrakesch: der Djemaa el Fna ©M. Amme

„Mama, ich wette, du hast keine Ahnung, wo wir hin müssen!“

„Nein, habe ich auch nicht! Aber woher soll ich auch wissen, was auf den Schildern steht, ich kann schließlich kein Arabisch!“ Trotzdem schaffen wir es irgendwie – und parken eine halbe Stunde später vor unserm Hotel. Die Hotellobby ist kühl, der Pool dahinter einladend.


Sinnvoll in Marrakesch: Hotel mit Pool

Gut, wenn das Hotel über einen Pool verfügt – bei den Temperaturen in Marrakesch! ©M. Amme

„Der Pool ist megacool! Als erstes gehen wir schwimmen, einverstanden?“

Ein paar Stunden später, die Sonne steht schon tief am Horizont, sitzen wir wieder im Auto und rollen Marrakeschs Zentrum entgegen. Rechts zieht sich die alte Stadtmauer in die Länge.

„Guck mal Mama, da stehen Kamele!“

Kurz darauf finden wir einen Parkplatz und machen uns auf – zum Djemaa el Fna. Wir lassen uns Schulter an Schulter durch die Gassen treiben, die von großen, ockergelben Gebäuden gesäumt sind. Wir weichen knatternden Mofas aus und lassen unsere Augen möglichst unauffällig umherschwirren. Bleiben haften an verschleierten Frauen, manche in der kaftanähnlichen Djellaba, manche bis auf einen Augenschlitz komplett verhüllt, an Männern in Kaftanten, an verschleierten Mädchen.

Durchaus ein Kulturschock: ein Bummel durch die Gassen von Marrakesch ©M. Amme

„Meinst du, die Mädchen hier wollen so etwas anziehen? Die würden doch bestimmt viel lieber Shorts und T-Shirt tragen und sich nicht unter solchen Umhängen verstecken! Außerdem ist es doch viel zu heiß dafür!“

Ein Marrakesch-Highlight: der Djemaa el Fna

Ein paar Minuten später stehen wir am Rande des Djemaa el Fna, auf dem berühmten Platz, auf dem angeblich jeder jeden Abend landet. Duftwolken schweben an uns vorüber, Pfefferminze, Rosenwasser und Zimt, in der Ferne ruft ein Muezzin vom Minarett. Vor uns trommeln ein paar alte Männer auf ihren Tamburinen, und Schlangenbeschwörer leiern vier-Ton-Melodien herunter, um ihre Kobras zu bezirzen.

Eindrücke wie in Tausendundeiner Nacht: die Schlangenbeschwörer auf dem Platz Djemaa el Fna, ©M. Amme

Nora fremdelt, und zugegeben, ich tue es auch. Kurz denke ich darüber nach, ob ich uns einfach zwei Djellabas kaufe, mit denen wir halbwegs unbemerkt untertauchen könnten, unter denen wir uns verstecken könnten, vor den Blicken, den Geräuschen, den alten Frauen, die uns ein Henna-Tattoo malen wollen, die uns Bastkörbe verkaufen und Armbänder umbinden wollen. Wir sehen einen Zahnarzt, der an einem Klapptisch sitzt, vor sich eine Zange und einen Berg Zähne.

„Zieht der hier wirklich Zähne?“

Der Djemaa el Fna steht seit 2001 auf der UNESCO-Liste der Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit ©M. Amme

Ich zucke mit den Schultern, sage „keine Ahnung. Aber wahrscheinlich tut er das, oder? Warum sonst lägen da haufenweise alte Zähne?“ Nora schüttelt unmerklich den Kopf, hinter ihren Stirnfalten sieht man ihre Gedanken kreisen.

„Das ist ja grauenvoll!“

Marrakesch ist wild und anders

In den Souks in Marrakesch wird nahezu alles verkauft – auch Hühner und weiße Kaninchen ©M. Amme

Ja, Marrakesch ist nicht Mallorca. Marrakesch ist wild und andersartig, Marrakesch verschiebt Noras Grenzen. Doch als wir am zweiten Nachmittag – nach ein paar erholsamen Stunden im Hotelpool – auf dem Djemaa el Fna ankommen und einen frisch gepressten Orangensaft trinken, als wir das Treiben wirken lassen auf dem Platz, der so groß ist wie sechs Fußballfelder, macht sich allmählich Entspannung breit.

„Der Orangensaft ist megalecker! Und total billig. Was sind 2 Dirham umgerechnet? 40 Cent?“

Wir schlendern herum, schaffen es, die neugierigen Blicke der Marokkaner freundlich zu erwidern, machen immer noch einen Bogen um die Schlangenbeschwörer, aber wir bleiben bei einem alten Mann stehen, der ein kleines braunes Äffchen an einer Leine herumführt.

„Guck mal, der Affe schleckt ein Orangeneis, wie süß!“

Exotisches Ziel für Familien: Marrakesch

„Zeit für die Souks!“, sage ich irgendwann zu Nora. Die Souks, so nennt sich das Basarviertel, das sich vom Djemaa el Fna in Form eines Labyrinths ausbreitet, das sind halbdunkle Gänge mit Tausenden kleiner Läden.

Orient pur: In den Souks in der Altstadt wabern Dutzende Düfte durch die Luft ©M. Amme

„Marrakeschs Shopping-Zone sozusagen. Ich bin echt gespannt, was es hier so gibt!“

Die Antwort wissen wir nach den ersten Metern: marokkanische Handarbeit, Ledertaschen, Armbänder, Silberschmuck, Schuhe und bunte Decken. Eingelegte Oliven, frische Pfefferminze, klebrige Patisserie und duftende Gewürze, die zu hohen Pyramiden aufgetürmt sind. Auf den ersten Metern erzähle ich Nora, was ich über die Souks gehört und gelesen habe: „Erstens muss man immer feilschen, das gehört hierzulande dazu. Und zweitens soll man sich beim Anblick eines schönen Teils nicht allzu sehr begeistern, das treibt den Preis in die Höhe!

Da fällt die Auswahl wirklich schwer: In den Souks gibt es Gürtel in allen Farben und Längen ©M. Amme

Dann wagen wir uns weiter, kaufen mit Sesam kandierte Nüsse, Armbänder für alle Freundinnen und einen silbernen Teller. Ich feilsche mich warm, wir erstehen noch eine zauberhafte Salatschüssel und sehen irgendwann ein rosa Portemonnaie aus Leder, „nur 70 Dirham“, sagt der Händler mit freundlichem, breiten Grinsen, das sind rund 16 Euro.

„Mama, das ist viel zu viel! Ich handele ihn runter. That’s to expensive. 40 Dirham?“

Nora handelt, zahlt am Ende umgerechnet knapp zehn Euro. Und während sie ausreichend Dirham aus ihrer Tasche fingert, macht sich ein Hauch Stolz breit auf ihrem Gesicht. Stolz, es allein geschafft zu haben.

Kein Problem: Mutter und Tochter in Marrakesch

Als sich die Sonne am vierten Tag wieder Richtung Horizont bewegt, haben wir uns an das marokkanische Klima und die Gerüche und Geräusche gewöhnt – und auch an die Blicke, die man zwangsläufig erntet, wenn man hier als Frau mitsamt seiner blonden, langhaarigen, 13-jährigen Tochter unterwegs ist.

Wir wagen es – ein Abendessen aus den Garküchen auf dem Platz Djemaa el Fna ©M. Amme

Zeit für den Rest der von Marrakesch. Wir lassen die modernen Viertel links liegen und widmen uns weiter der Medina, der Altstadt, die von einer zwölf Kilometer langen Stadtmauer zusammengehalten wird. Steuern das Gerberviertel an, bewaffnen uns mit einer „Berber-Gasmaske“ (einem Bündel frischer Pfefferminze, das man sich unter die Nase hält) und lassen uns von einem Guide durch die Gerbereien führen, in denen Arbeiter Rind-, Kamel- und Ziegenleder bearbeiten. Und besichtigen danach die Moschee Ben Youssef, in der früher mal bis zu 900 kleine Koranschüler Rechtswissenschaften und den Koran studierten.

Die muss man gesehen haben: die Moschee Ben Youssef. Große Teile stammen aus dem 16. Jahrhundert ©M. Amme

„Dieser Innenhof ist ja unglaublich schön. Der Boden aus Marmor, die Mosaike, die Schnitzereien … Das ist ja wie aus 1001 Nacht.“

Der letzte Abend: Bislang habe ich es nicht gewagt, ein Abendessen in einer der Garküchen auf dem Djemaa el Fna vorzuschlagen, zu beißend die Gerüche, zu fremd das Essen, zu groß die Herausforderung, so dachte ich. Doch heute wollen wir es wagen. Im Vorbeigehen lesen wir die Speisekarten.

Ein Städtetrip wie aus Tausendundeiner Nacht

Was für Gerüche, was für Geräusche! Die Märkte Marrakeschs sind mit unseren nicht vergleichbar ©M. Amme

„Gegrillte Kamelbrust? Schafskopf? Hammelhoden? Mama, das kannst du vergessen!“

Nora rümpft die Nase, fast schon drehen wir dem Platz den Rücken. Da entdecken wir eine kleine Garküche, aus der sich ein Berg Couscous erhebt. Wir setzen uns, ordern eine Tajine mit Kartoffeln und Gemüse und Couscous dazu, anschließend das typische, klebrige Gebäck und zuckersüßen Pfefferminztee. Ein paar Meter weiter findet ein kleiner Boxkampf statt, ein Bauchtänzerin schwebt vorüber. „Mal ehrlich“, sage ich irgendwann zu Nora, „dagegen kann New York doch nur langweilig sein, oder?“

„Langweilig bestimmt nicht, Mama, aber ich gebe zu: Marrakesch ist wirklich voll cool!“

Sehnsuchtsort Djemaa el Fna: Es dauert nicht lange, dann möchte man jeden Abend hier verbringen ©M. Amme

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