„In zehn Minuten fährt unser Zug“, sagt Tom (9) nach einem Blick auf seine Armbanduhr. Zeit, in die Pedale zu treten. Die mit schweren Fahrradtaschen beladenen Räder und der vollbepackte Fahrradanhänger rumpeln über das Kopfsteinpflaster. Eine Handvoll Tauben weicht gemächlich aus. Kurz darauf kommt die Gruppe gerade noch rechtzeitig am Ausgangsbahnhof in Hamburg Altona an: Tom und seine Schwester Jette (11) mit Freundin Hannah (11) und Papa Jan. Später in Husum werden noch Cousin Tjark (9) und dessen Vater Christian dazustoßen. Gemeinsam werden sie eine Woche lang mit Fahrrad und Zelt in Schleswig-Holstein unterwegs sein.

Die Strecke führt auf rund 250 Kilometern an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste und später an der Elbe entlang. Es geht von Husum nach Hamburg – mit Zwischenstopps in St. Peter-Ording, Büsum, Nordermeldorf, Hodorf und Kollmar. Kurz bevor sich der Zug in Bewegung setzt, wuchten die vier ihre Räder und Anhänger in ein Mehrzweckabteil der Regionalbahn und lassen sich erschöpft auf die Sitze plumpsen – der Urlaub kann beginnen!
Lumao: Jette und Tom, 250 Kilometer in einer Woche – da musstet ihr ja ordentlich radeln. Wie viele Kilometer seid ihr denn jeden Tag gefahren?
Jette: Wir sind immer so zwischen 15 und knapp 50 Kilometer gefahren.
Tom: Das hört sich eigentlich nicht nach viel an, aber es war heiß, bestimmt 30 Grad. Dann ist das schon ganz schön anstrengend.

Toll für Familien: Mit Fahrrad und Zelt unterwegs

Die Nordseeküste ist wie geschaffen für eine Familien-Radtour – nicht nur, weil es kaum Steigungen und nur wenige stark befahrene Straßen gibt, sondern auch aufgrund der schönen Landschaft. Wer entlang der Nordsee und Elbe radelt, sieht rechts fast immer das Wasser, vorneweg saftig grüne Deiche und links die flache Weite Schleswig-Holsteins. Ein weiterer Vorteil: 13 gut ausgebaute Fernradwege und viele regionale Radwege führen durch das nördlichste Bundesland. Beste Voraussetzungen also für einen Radurlaub!
Lumao: Was hat euch an der Strecke besonders gut gefallen?
Tom: Man konnte fast immer auf dem Deich fahren.
Jette: Die Tour war richtig schön, es ging kaum bergauf. Nur die ständigen Schafsgatter auf den Deichen waren ein bisschen nervig. Wir mussten alle paar Hundert Meter stehenbleiben und ein Gatter öffnen.
St. Peter-Ording – das Urlaubsparadies Nordfrieslands
Das erste Ziel: St. Peter-Ording. Auf Radwegen geht es rund 45 Kilometer lang vom Husumer Bahnhof bis zum beliebten Urlaubsort an der Nordseeküste. Die inzwischen sechsköpfige Gruppe fährt durch kleine Dörfer, an saftiggrünen Wiesen, strohgelben Weizenfeldern und hohen Deichen entlang, auf denen kleine Lämmer wie weiße Wattebäuschchen herumtollen.

Lumao: Musstet ihr euer Gepäck selber transportieren?
Jette: Papa und Christian hatten beide Fahrradanhänger dabei, in denen waren die Zelte, Schlafsäcke und anderer Kram. So hatten wir nur unsere Klamotten, Isomatte und einen Rucksack auf unseren Rädern.
Lumao: Was darf denn auf so einer Tour auf keinen Fall fehlen?
Tom: Flickzeug – zum Glück hatten wir das dabei. Ich hatte nämlich einmal einen Platten.
Jette: Eine Regenjacke sollte man auch dabeihaben. Vielleicht auch ein Taschenmesser. Und ein, zwei Rollen Klopapier.

Nach rund fünf Stunden landen die Väter und Kinder auf dem Campingplatz SPO Camping, einem von fast zehn Zeltplätzen in dem 4.000-Einwohner-Örtchen. In Windeseile bauen die sechs gemeinsam die Zelte auf – ein kleines Igluzelt für die zwei Mädels und ein größeres für die kleinen und größeren Herren. Danach geht’s an den Strand, der hier in St. Peter-Ording endlos lang und wunderschön ist.
Lumao: Seid ihr den ganzen Tag geradelt oder habt ihr auch andere Sachen erlebt?

Tom: Wir sind fast jeden Tag mindestens eine Stunde und höchstens vier Stunden Fahrrad gefahren, das war eigentlich eine gute Mischung.
Jette: Außerdem sind wir an zwei Tagen auch gar nicht weiter gefahren. Einmal waren wir am Strand, einmal an einem Badesee. Oft haben wir aber auch zwischendurch angehalten, an einer Eisdiele zum Beispiel. Oder wir sind in die Nordsee gesprungen.
Nächster Halt: Büsum mit Familienlagune
Am dritten Tag der Reise geht es Richtung Süden nach Büsum. Immer am Deich entlang, fast immer mit einer leichten Brise Gegenwind. Am Ende der Strecke zeigt der Tacho weitere 40 geradelte Kilometer an. Der gebuchte Campingplatz „An de Waterkant“ liegt etwas außerhalb, bis zum Büsumer Ortskern braucht man eine gute Viertelstunde mit dem Rad. Besonderes Highlight dort: die künstlich angelegte Familienlagune Perlebucht mit wunderbar seichtem Wasser. Später am Abend gibt es das wohl am weitesten verbreitete Camping-Gericht: Ravioli. Doch beim Campen schmeckt sogar Essen aus der Dose …

Lumao: Hattet ihr die Campingplätze vorher gebucht?
Jette: Viele Campingplätze, bei denen wir vor dem Urlaub angerufen haben, waren schon voll.
Tom: Ja, wir haben bestimmt bei zehn Campingplätzen angerufen, obwohl wir ja nur fünf brauchten.
Bei einer Camping-Radreise packt jeder mit an
Bei einer Radreise hat jeder Tag den gleichen Rhythmus, und doch ist jeder Tag irgendwie anders: wechselnde Unterkünfte, fremde Zeltnachbarn und Gegebenheiten, eine neue Strecke, vielleicht ein Wetterumschwung und unterschiedliche Radfahrbedingungen …
Lumao: Wer hat sich bei euch um den Zeltaufbau, ums Kochen und um den Abwasch gekümmert?
Tom: Beim Zeltaufbau hat jeder mit angepackt, beim Kochen und Abwasch haben wir jeden Tag gewechselt.
Viele schöne Orte an der Radstrecke versprechen Abwechslung
Die Tage ziehen vorbei wie die das platte Land Schleswig-Holsteins. Die Väter und Kinder verabschieden sich von der Nordsee und radeln landeinwärts: über Nordermeldorf, später mit der Fähre über den Nord-Ostsee-Kanal und weiter nach Hodorf, einer 250-Seelen-Gemeinde im Kreis Steinburg.

Hier sind sich alle nach kurzer Zeit einig: Dieser Zeltplatz wird einstimmig zum besten der Tour gekürt. „Zum Glück bleiben wir hier noch einen weiteren Ruhetag“, freut sich Tjark und springt mit Anlauf vom Steg in den eigenen Badeteich des Campingplatzes.
Lumao: Jette und Tom, was war euer größtes Abenteuer während der Tour?
Tom: Ein Schauer, bei dem es insgesamt 50 Liter pro Quadratmeter geregnet hat. Wir sind trotzdem irgendwann zum Zähneputzen gerannt. Aber es war ziemlich nass!
Jette: Ich mag eigentlich lieber Freibäder als das Meer. Trotzdem bin ich in Büsum ins Wasser gesprungen. Aber als ich ein paar kleine Krebse und Quallen gesehen habe, konnte ich es nicht mehr so richtig genießen.
Letzte Etappe: von Kollmar zurück nach Hamburg
„Wie schnell die Woche vergangen ist“, meint Jan ein bisschen wehmütig am letzten Abend. Die Gruppe ist in Kollmar an der Elbe angekommen und gönnt sich ein Fischbrötchen am kleinen Hafen. Von hier aus wird es morgen elbaufwärts bis nach Hamburg zurückgehen. Während die großen Containerschiffe vorüberziehen, lassen alle die letzten Tage Revue passieren. Und es werden Pläne geschmiedet – schließlich gibt es in Deutschland noch viele weitere Regionen, die per Fahrrad erkundet werden wollen …
