Klar, wenn man als Familie die Welt oder ein bestimmtes Land entdecken möchte, scheint ein Roadtrip eine naheliegende Lösung. Mit dem Camper oder dem eigenen Auto von Stadt zu Stadt oder von Land zu Land fahren, dort Stopp machen, wo es schön ist, und während eines einzigen Familienurlaubs Reiseeindrücke satt sammeln. Das klingt ganz schön cool – nach Freiheit, Abenteuer und Flexibilität.

Aber ist so ein erlebnisreicher, vielseitiger Urlaub auch die passende Reiseform für Familien? Sehen Kinder im Weg auch das Ziel oder einfach nur stundenlange Autofahrten? Wie schafft man es, dass so ein Roadtrip eine einzigartige Familienzeit für Groß und Klein wird? Kirsten Düspohl, Reisejournalistin, Lumao-Autorin und Mutter von zwei Kindern, hat es diesen Sommer ausprobiert und berichtet von ihren Erfahrungen – und was man besser nicht machen sollte …

Kirstens Familien-Roadtrip: 3 Wochen, 6 Länder, 4.500 Kilometer
Hallo Kirsten, nenn uns doch erstmal die Fakten: Wo und wie wart ihr unterwegs?
Kirsten: Wir, das heißt mein Mann, unsere zwei Kinder und ich, waren im Sommer drei Wochen lang mit dem eigenen Auto unterwegs. Wir sind von Deutschland über Belgien und England bis nach Irland gefahren und dann über Wales, Südengland, Frankreich und die Niederlande wieder zurück. Eine Besonderheit gab es: Während der Zeit in Irland waren wir zu zehnt unterwegs – da ist der Rest meiner Familie dazugestoßen und wir sind als Großfamilie weitergetingelt. Insgesamt standen am Ende des Roadtrips rund 4.500 Kilometer auf unserem Tacho.

Das ist ganz schön viel … Wie habt ihr es geschafft, dass ihr eine tolle Zeit hattet statt gestresster Eltern am Steuer und nörgelnder Kinder auf der Rückbank?
Kirsten: Unsere Kinder sind ja schon 12 und 14 Jahre alt. Da konnten wir die Autofahrten mit Hörspielen, Musik, Gesprächen und – ja, ich gebe es zu – auch ein bisschen Smartphone-Daddelei ganz gut überbrücken. Wir haben darauf geachtet, dass wir jeden Tag durchschnittlich nur drei Stunden im Auto saßen und das selten am Stück. Man darf ja auch nicht vergessen, dass es draußen wahnsinnig viel zu sehen gibt. Deshalb würde ich auch immer empfehlen, Landstraßen statt Autobahnen zu nehmen.
Roadtrip: Oft nachhaltiger als eine Flugreise
Wie seid ihr denn auf die Idee gekommen, einen Roadtrip zu unternehmen?
Kirsten: Ganz ehrlich, wir sind wirklich keine Weltenbummler oder Vollblut-Camper. Deshalb sind wir ja mit dem eigenen Auto gefahren und haben immer in Hotels oder Pensionen übernachtet. Es gab im Grunde zwei große Gründe für diesen Roadtrip: Nachhaltigkeit und Reisekasse.
Großbritannien mit Kindern: Familien-Roadtrip durch England
Quirlige Großstädte, malerische Dörfer und eine sanft hügelige Landschaft – England hat viele schöne Ecken und ist perfekt für einen Familien-Roadtrip!
Wie meinst du das?
Kirsten: Es war klar, dass wir nach Irland wollten. Wir versuchen aber, Flüge zu vermeiden, wenn es möglich ist. Und da haben wir – anfangs eher spaßeshalber – geschaut, wie lange man mit dem Auto nach Irland fahren würde. Als wir die Karte dann vor Augen hatten, ist uns bewusst geworden, dass auf der Strecke viele Städte liegen, die eh auf unserer oder der Bucket-List unserer Kids stehen. Mein Mann und ich wollten schon immer mal nach Brügge und Maastricht. Unser Sohn wollte unbedingt nach London und unsere Tochter hatte mal gehört, dass Brighton das Eldorado der Vintageläden ist.
Aber sind die Fährfahrten denn so viel günstiger als die Flüge?
Kirsten: Ja, nicht viel, aber ein wenig schon. Vor allem aber sind sie nachhaltiger. Und außerdem ist die Idee ja auch, dass es viel günstiger ist, alle Ziele auf einer einzigen Reise abzuklappern, statt einmal nach Dublin zu fliegen, ein anderes Mal nach London und dann nochmal nach Frankreich.

Schont die Urlaubskasse auf einer Rundreise: Unterkünfte und Tickets vorher buchen
Apropos Budget: Hast du Tipps, wie Familien sparen können?
Kirsten: Klar lebt so ein Roadtrip eigentlich von Spontaneität und vom Sich-treiben-Lassen. Mit Kindern finde ich das schwierig – vor allem, wenn man begrenzt Zeit hat und das Budget im Auge behalten möchte. Wir haben die einzelnen Stopps alle schon vorher geplant, denn so konnten wir uns vorab günstige Unterkünfte und preiswerte Fährverbindungen suchen. Bei der Tagesplanung waren wir spontaner, aber in einigen Städten, wie zum Beispiel in London, haben wir vorher Tickets gebucht und ordentlich Geld gespart. Außerdem haben wir oft in Parks gepicknickt. Gerade in England und Wales funktioniert das super, denn fast alle Supermärkte bieten „Meal Deals“ für 3,50 Pfund an – preiswert und lecker.

Und hast du ein persönliches Geheimrezept für einen erfolgreichen Familien-Roadtrip?
Kirsten: So ein Roadtrip muss abwechslungsreich sein – ein Mix aus Sightseeing und Erholung, Erwachsenenprogramm und Kinderhighlights, Stadtluft und Naturnähe. Unsere Tour war dafür wirklich ideal. Wir waren im Großstadtdschungel von London und Dublin, hatten aber auch viele kleinere Städtchen auf der Route, die man super in wenigen Stunden erkunden kann. Gerade in Irland und Wales sind wir oft durch die Natur gewandert. Und ganz wichtig: Wir hatten ein paar Ruhetage, an denen wir nicht im Auto saßen oder den Koffer packen und zur nächsten Unterkunft aufbrechen mussten. Da haben wir es ruhig angehen lassen, haben eine Runde Minigolf gespielt und faul am Strand gelegen.

Tipp für den Roadtrip: die Tage als Familie gemeinsam planen
Wer durfte das Tagesprogramm denn bestimmen?
Kirsten: Wir alle! Besonders eindrucksvoll war das in Irland, als wir zu zehnt unterwegs waren und zehn Tage vor uns hatten. Jede und jeder von uns hat vorab einen Tag komplett geplant, von der Route bis zu den Attraktionen am Wegesrand. Das hat toll funktioniert. Und niemand durfte reinreden – die Kinder nicht, wenn ein Museum geplant war, und Oma und Opa nicht, wenn bei den Kids ein Aquapark auf dem Programm stand.

Sind euch Fehler passiert, die du beim nächsten Mal vermeiden würdest?
Kirsten: Oh ja, ich würde nie wieder eine Dachbox mitnehmen. Die hat uns einige Nerven gekostet, denn viele Parkhäuser haben eine maximale Höhe von 1,90 Meter. Eine zweite Überraschung: Viele Städte haben mittlerweile Umweltzonen, wie wir sie auch aus Deutschland kennen. Das wussten wir vorher nicht und durften deshalb nicht nach London reinfahren, weil wir die Plakette 10 Tage vorher hätten beantragen müssen. Und obwohl die ganze Reise wirklich reibungslos verlaufen ist und es eine absolut empfehlenswerte Route war, würde ich die Strecke beim nächsten Mal etwas kürzer wählen und noch mehr Ruhetage einbauen.

Apropos, nächstes Mal: Wird es denn einen nächsten Roadtrip geben?
Kirsten: Definitiv! Die Idee, verschiedene Reiseziele während eines Urlaubs miteinander zu kombinieren, hat uns absolut überzeugt. Vielleicht geht es das nächste Mal über Österreich nach Italien, oder wir machen eine ausgiebige Deutschlandreise und zeigen den Kindern die Vielfalt unseres eigenen Landes.