„Uaah, ist das hoch“, sage ich mehr zu mir selbst als zum Rest der Familie und linse vorsichtig über die verwitterte Holzbrüstung. Unter mir erstreckt sich eine Felsspalte gut 50 Meter in die Tiefe. Ein Wasserfall stürzt mit lautem Getöse neben mir hinunter. Und über mir ragen kahle, graue Felsen hoch in den wolkenlosen Sommerhimmel. Ein beeindruckendes Naturspektakel – nur ist es das Richtige für Menschen mit Höhenangst? „Mama, du musst einfach nur geradeaus gucken. Gleich hast du die Schlucht geschafft“, versucht mich meine Tochter Jette (11) aufzumuntern.

Tatsächlich wirken die stabil gebauten Holzstege recht vertrauenserweckend. Müssen sie auch, zählt das Naturdenkmal Vorderkaserklamm doch zu den Top-Attraktionen im Saalachtal im Salzburger Land, rund 15 Kilometer von der deutsch-österreichischen Grenze entfernt.
Lofer: Urlaub mit Kindern
„Da müsst ihr unbedingt hin“, hatte uns der Wirt unserer Unterkunft in Lofer bei unserer Anreise geraten. „Die Vorderkaserklamm gehört zu unseren berühmten Naturgewalten. Und das Beste: Mit der Saalachtaler Sommer Card kommt ihr sogar kostenlos hinein“, erklärte er uns.

Der sympathische Österreicher hat recht: Es ist wirklich atemberaubend schön. 51 Holzstege mit 35 Treppen und beachtlichen 373 Stufen führen durch die rund 400 Meter lange Klamm. Ein echtes Familien-Abenteuer in schwindelerregender Höhe!
Salzburger Saalachtaler Sommer Card
In vielen Hotels und Ferienwohnungen erhaltet ihr kostenlos die Sommerkarte, mit der ihr gratis zahlreiche Abenteuer rund um Lofer erleben könnt. Mit inbegriffen sind die Voderkaserklamm, die Seisenbergklamm, die Gondeln der Almenwelt Lofer, das Freibad, die Lamprechtshöhle u.v.m.
„Ich hätte nicht gedacht, dass Österreich im Sommer so schön ist“, schwärmt Tom (8) gut eineinhalb Stunden später bei Kräuterlimonade und Kaiserschmarrn in der Jausenstation am Eingang der Klamm. Es stimmt – auch ich bin positiv überrascht. Irgendwie war Österreich für mich immer ein Winterreiseziel. Weit gefehlt! Denn der Urlaubsort Lofer mitten im Pinzgauer Saalachtal ist ein Traum für Familien: mit einem postkartenschönen Ausblick auf karge Steinberge und grasgrüne Almen, einem nahezu grenzenlosen Wanderwegenetz und vielen glasklaren Gebirgsbächen und -seen.
Österreich im Sommer: Lofer im Salzburger Saalachtal
Einer von ihnen liegt nur ein paar Gehminuten von uns entfernt. Das Naturbadegebiet Vorderkaser verspricht die perfekte Abkühlung nach der schweißtreibenden Wanderung durch die Schlucht.

„Das Wasser ist eiskalt“, kreischt Jette und hüpft trotzdem hinein. Das Ziel: ein Floß, das vor sich hindümpelt und auf kleine und große Wasserratten wartet. Später wärmen wir uns vom nur 12 Grad kalten Wasser wieder auf – zum Beispiel beim Staudammbauen, beim Laufen über die wackelige Hängebrücke oder beim Faul-in-der-Sonne-Liegen.
Familienfreundliches Wanderparadies: die Loferer Alm
„Irgendwie ist es schwer vorstellbar, dass im Winter unter uns die Skipisten verlaufen“, sage ich am nächsten Tag auf der Gondelfahrt hoch zur Loferer Alm. Jetzt im Sommer sieht man nichts als sattgrüne Wiesen mit bunten Wildblumen, grasende Kühe und vereinzelte Wanderer auf den schmalen Wegen. Wir steigen an der Mittelstation der Lofer-Bahn aus und beschließen, uns erstmal auf der Sonnenterrasse zu stärken. Jede Gelegenheit, die zahlreichen österreichischen Leckereien zu testen, will schließlich genutzt werden …

Für den Aufstieg auf den Gipfel entscheiden wir uns für den Wasserfallweg. Der rund drei Kilometer lange Wanderweg führt rauf bis auf 1.400 Meter Höhe. Die perfekte Wanderung mit Kindern – nicht nur aufgrund der zwölf spannenden Mitmach- und Informationsstationen, sondern auch, weil der Weg so vielseitig ist. Wir wandern am Gebirgsbach entlang, durchqueren Wälder und Wiesen und staunen über kleine und größere Wasserfälle. „Wow, was für ein Panorama“, meint mein Mann oben auf der Loferer Alm.

Riesengaudi in Lofer, Österreich: das Steinbergbad
Am Nachmittag empfängt uns im Steinbergbad in Lofer lautes Gejohle. Schnell merken wir, warum: Das Freibad ist offenbar eine riesige Gaudi, wie die Österreicher zu sagen pflegen. Mit Wasserrutsche, großem Sportbecken, Kinderspielplatz und Beachvolleyballfeld. Das absolute Highlight aber ist der Wildbach, der durch das Gelände fließt. Jette und Tom schnappen sich einen Reifen und lassen sich von der Strömung mitreißen. „Ein bisschen wie Rafting“, schreien sie mir entgegen und klammern sich fest, damit sie nicht ins eiskalte Wasser fallen.

Die Tage plätschern dahin wie gurgelnde Gebirgsbäche. Wir merken schnell: Das idyllische Lofer im Herzen des Dreiländerecks Bayern, Tirol und Salzburg versprüht mit dem hübschen kleinen Ortskern, Läden, Cafés und einer Minigolfanlage österreichische Gelassenheit. Wer mag, schlendert entspannt durch den Urlaub. Und wer sich ein bisschen Action wünscht, kommt ebenfalls auf seine Kosten.

Zum Beispiel in der Lamprechtshöhle, der längsten Durchgangshöhle der Welt. „Hier sieht es ein bisschen aus wie in Herr der Ringe“, flüstere ich meinem Mann zu und pirsche mich vorsichtig durch die dunklen, kühlen Gänge der Schauhöhle. Insgesamt besteht das gigantische Höhlensystem aus über 50 Kilometern, gut 700 Meter davon sind touristisch erschlossen. Ein absoluter Höhepunkt: die begehbare Steganlage, die hoch hinauf führt und vom Holzplateau einen atemberaubenden Blick in 70 Meter Tiefe ermöglicht.

Ein Highlight für Familien: die Seisenbergklamm in Lofer
„Guck mal, Mama, ist doch gar nicht mehr schlimm, oder?“ Es ist der letzte Tag und wir durchwandern die Seisenbergklamm, eine weitere Attraktion der Saalachtaler Naturgewalten. Vielleicht hat Tom recht: Meine Höhenangst scheint angesichts der vielen Klettertouren im Urlaub resigniert zu haben … Dabei müssen wir in dieser Schlucht einige Höhen und Tiefen zu meistern. Immer mit dabei: der „Klammgeist“, ein putziger, kleiner Wurzelgeist, der uns auf dem Weg auf Schautafeln oder Baumwurzeln begegnet und Infos über die Klamm verrät. An einem der kleinen Bachläufe machen wir Halt. Zeit für eine Pause und Zeit, diesen Urlaub Revue passieren zu lasen. Während die anderen die zahlreichen Steintürme am Ufer bestaunen, denke ich für mich: „Das ist ein Urlaub wie aus dem Bilderbuch. Einfach mal stillstehen, innehalten und die frische Bergluft genießen.“
